- Erster Schock: Die Autobatterie ist leer
- Hilfsbereiten Einheimischen gefunden zum Überbrücken
- Weiterfahren auf dem Dempster Highway
- Stopp beim Eagle Plains Hotel mitten im Nirgendwo
- Polarkreis überschritten
- Indian Summer der Tundra in voller Farbenpracht
- gewaltiger weisser Tundrawolf im Nebel gesichtet
Ich lasse mich bereits um Viertel nach 6 Uhr wecken. Allerdings ist der Sonnenaufgang nicht ganz so sehenswert wie der gestrige -untergang, darum lege ich mich wieder hin. Um 9 Uhr raffe ich mich schliesslich auf, um im Wagen zu frühstücken und höre Musik. Kurz die Pneu kontrollieren, scheint alles ok zu sein. Es ist kühl und neblig. Ich rede nochmals kurz mit dem Deutschen Pensionär bevor sich dieser auf macht gen Süden. Ich wiederum will weiter nordwärts.
Doch da tut sich nichts! Die Autobatterie ist leer und das mitten im Nirgendwo, na prima. Die kalte Nacht und mein Musikhören war wohl zuviel des Guten. Da stehe ich nun also, mit dem habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Die nächste Ortschaft ist mindestens 300 km entfernt, also bleibt mir lediglich auf einen anderen vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmer zu warten. Das könnte dauern hier draussen, aber ich habe immerhin Wasser und Lebensmittel für ca. eine Woche. Ungemütlich wäre es aber allemal. So ähnlich müssen sich die Männer der Lost Patrol vorgekommen sein, doch dazu später mehr.
Kaum darüber nachgedacht, höre ich auch schon ein Auto kommen und mache mich schleunigst auf dieses aufzuhalten. Nochmals Glück gehabt, der Einheimische hat Überbrückungskabel mit dabei und mein Wagen läuft wieder. Mit minimaler Verspätung kann ich die heutige Etappe also doch noch in Angriff nehmen. Glücklicherweise sind die Menschen hier abseits der Zivilisation sehr hilfsbereit. Das wird mir jedenfalls nicht mehr so schnell passieren!
Die Strecke über die Eagle Plains führt über Bergrücken durch die schier endlosen Nadelwälder der Taiga. Selbst die geschlossene Wolkendecke vermag die Farbenpracht dieser Landschaft nicht gross zu mindern. Schliesslich erreiche ich nach 369 km Einsamkeit das ganzjährig-geöffnete Eagle Plains Hotel zu dem auch eine Tankstelle, ein Campground sowie ein kleiner Shop gehören. In diesem abgeschiedenen Aussenposten der Zivilisation dusche ich und nutze kurz das dortige WLAN, um mich zuhause zu melden. Schliesslich habe ich seit beinahe drei Tagen keinen Handyempfang mehr gehabt. Warntafeln weisen auf die vermehrte Problematik hin, das Grizzlys in der Region den Menschen als Futterquelle kennenlernen und damit zur Gefahr werden.
Die bis dahin recht ruhige Strasse wird nun ruppiger und der Abschnitt ist nur mässig attraktiv. Nach der Überquerung des Eagle Rivers steigt der Dempster Highway wieder an bis schliesslich die ersten Ausläufer der Richardson Mountains und damit 66°33’N – besser bekannt als Polarkreis – erreicht ist. Ab hier nordwärts geht die Sonne am 21. Juni nie unter. Nach meiner winterlichen Reise nach Finnisch-Lappland stehe ich also zum zweiten Mal am Polarkreis. Doch der ist diesmal nur Durchgangsstation. Nun folgt der laut Reiseführern und diversen Empfehlungen sehenswerteste Abschnitt des gesamten Dempster Highways. Tatsächlich werde ich nicht enttäuscht! DIe hügelige Landschaft wird zunehmend zur baumlosen Tundra und das Farbenspiel ist sowieso schlicht einmalig. Doch die nun kurzen sonnigen Abschnitte täuschen über die steife arktische Bise hinweg. Ich bin jedenfalls froh um Pullover und meine neue Jacke.
Mit der Sonne ist es dann auf dem Wright Pass auch endgültig vorbei. Hier im dichten Nebel passiere ich auch die Grenze zu von den Yukon zu den Northwestern Territories. Die Sicht beträgt kaum noch 50 m und just hier traue ich meinen Augen kaum. Wenige Meter neben der Strasse steht ein weisser Wolf! Vollbremse, Objektiv wechseln und abdrücken. Tatsächlich gelingen mit einige – zwar äusserst neblige – Bilder des Raubtieres. Ich kann mein Glück kaum fassen. Leider ausgerechnet an der nebligsten Stelle des gesamten Highways. Nun ist es an der Zeit ein Nachtlager zu suchen. Bei einem Pullout wärme ich mir Essensreste und suche im Auto Zuflucht von den garstigen Bedingungen.
Nun was hat es eigentlich mit dieser Lost Patrol auf sich. Die Patrouille von Sergeant Fitzgerald der Royal Northwest Mountain Police ist im Winter 1910/11 auf dem Weg von Fort McPherson nach Süden vom Weg angekommen. Alle Mitglieder sind darauf hin ums Leben gekommen. Diese Tragödie gilt als eine der grössten, der noch jungen Kanadischen Geschichte. Man stelle sich diese Situation vor, verloren draussen in dieser unendlichen Weite bei lebensfeindlichen Bedingungen unterwegs zu sein.