- Grizzlys direkt vor dem Zelt beim Aufwachen
- Die Beiden beobachte ich über drei Stunden lang und schiesse rekordverdächtige 577 Fotos
- pole dancing grizzly bears beobachten
- Rutschpartie auf katastrophaler Strasse
- Ein erster platter Reifen
- Reifenwechsel mit einigen Schwierigkeiten
- Weiterfahrt bis zu den Ogilvie Mountains
Was wird der heutige Tag wohl für mich bereit haben, denke ich mir noch beim Öffnen der Einstiegsluke meines Dachzeltes. Oh nein, Nebel. Doch beim genaueren Hinsehen ist da noch etwas. Zwei massige Schatten sind draussen in der Tundra zu erkennen. Da stehen doch tatsächlich zwei Grizzlys keine dreissig Meter von mir entfernt. Die beiden, offensichtlich die Mutter mit ihrem praktisch ausgewachsenen Jungtier, sind gemütlich am weiden.
Wie beschreibts der Werbeslogan einer Kreditkarten-Firma doch so passend: Gewisse Momente im Leben sind einfach unbezahlbar. Schon verrückt, da fährt man x-hundert Kilometer ohne einen einzigen Bären zu sehen und morgens beim Aufstehen stehen sie praktisch vor der Türe. Zwischendurch lichtet sich der Nebel etwas und mir gelingen einige grossartige Aufnahmen. Bären in dieser Wahnsinns-Herbstlandschaft, genau das hatte ich mir insgeheim vom Dempster Highway erträumt. Indian Summer pur!
Als sich die Bären etwas zurückziehen kann ich auch mal in Ruhe frühstücken. Doch die beiden gehen nicht allzu weit und bleiben immer in Sichtweite. Ich hoffe, dass sich der Nebel noch etwas stärker lüften wird und warte. Siehe da, mein Warten wird belohnt! Die beiden Prachtexemplare nähern sich wieder dem Auto und das Wetter wird etwas freundlicher. Ich beobachte die beiden nun schon fast drei Stunden. Ein Höhepunkt jagt den nächsten. Mal marschieren sie direkt am geparkten Auto vorbei, mal legt sich der Junge spielend auf den Rücken oder die beiden trotten direkt auf der Strasse weiter.
Die “pole dancing grizzly bears” des Yukons
Der absolute Höhepunkte ist, als sich beide Bären Rücken an Rücken an einem Masten reiben. Ich habe mittlerweile wirklich viele Bären gesehen, aber diese Begegnung ist wohl die speziellste. Um 13 Uhr habe ich schliesslich rekordverdächtige 577 Fotos geschossen. Vieles wird der ungünstigen Lichtverhältnisse unbrauchbar sein, aber es sind einige Bilder mit dabei, welche ich mir nicht erträumt hätte. Die Bilder werden später von diversen Medien wie den englischen Tageszeitungen the Sun oder the Times abgedruckt und bekannt als die «pole dancing grizzly bears».
Dann ringe ich mich endlich dazu loszufahren. Die Strassenverhältnisse sind katastrophal. Der nächtliche Niederschlag hat die ungeteerte Strasse in eine einzige Rutschbahn verwandelt. Es fährt sich wie auf Seife oder Neuschnee. Abschnittsweise komme ich selbst mit 20 km/h ins Schleudern und der Wagen stellt quer. Glücklicherweise ist die Strasse breit und entgegenkommender Verkehr eine echte Rarität. Andere triffts gar noch härter: Ein Truck Camper ist gar von der erhöhten Fahrbahn gerutscht und muss nun raus gezogen werden.
Als ich dann endlich den Polarkreis erreiche, treffe ich dort auf eine Alaskanerin. Mit ihr unterhalte ich mich naheliegenderweise über Tiersichtungen und Strassenverhältnisse. Sie hatte bisher weniger Glück als ich und bereits drei platte Reifen zu beklagen. Ich verabschiede mich und mache mich auf den Weg südwärts. Plötzlich habe ich ein ungutes Gefühl, der letzte Stein war wohl einer zu viel. Ernüchtert stelle ich fest, dass meine Befürchtung Tatsache ist: Der Reifen hinten rechts ist platt. Doch irgendwie gehört auch das zum Erlebnis Dempster Highway.
Wenigstens scheint mittlerweile die Sonne. Der Wagen ist über und über voller Schlamm. Also Werkzeug hervorholen, Ersatzrad herunterlassen, kaputter Reifen lösen, Wagen heben, Reifen versuchen zu lösen. Da passierts: Der Wagenheber versinkt im weichen Untergrund und mit ihm rutscht der Wagen ab. Das hätte auch dummer enden können, denn der Wagen steht nahe am abfallenden Strassenrand. Jedenfalls ein dummer Anfängerfehler geht es mir durch den Kopf! Noch bevor ich dazukomme mich aus dem Schlam(m)assel zu befreien, treffen hilfsbereite Kanadier ein, welche über einen hydraulischen Wagenheber verfügen. Mit diesem schaffen wir es dann den Wagen zu heben und das Rad zu wechseln. Mit dem schmaleren Ersatzreifen setzte ich meine Fahrt nun vorsichtig fort.
Beim Eagle Plains Hotel erfahre ich, dass der Reifen nicht mehr reparierbar sei und dass sie auch keinen solchen an Lager hätten. Das ist nun natürlich dümmer, schliesslich stehen mir noch über 400 Kilometer bis nach Dawson City bevor. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als achtsam weiterzufahren. Gegen 20 Uhr erreiche ich wiederum den Platz mit der herrlichen Aussicht, wo ich bereits vor drei Tagen genächtigt habe und werde dort eine weiter Nacht verbringen.
Beitrag in «The Telegraph»
Eine Antwort
Immer wieder super Fotos, weiter so! Viel Spass und Vergnügen!